Um den Begriff Design Thinking ist in den vergangenen Jahren ein enormer Hype entstanden. Doch die Wurzeln und prägenden Einflüsse gehen weit zurück in die erste Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Viele Aspekte der Design Thinking-Methodologie kommen uns vertraut vor – das ist kein Zufall. Design Thinking baut auf Grundsätzen verschiedener Disziplinen und Methoden auf. Die Wurzeln gehen bis auf das Bauhaus und dessen Gründer Walter Gropius zurück. Wesentliche Leitsätze des Bauhaus, darunter die Verbindung von Kunst und Handwerk, die Interdisziplinarität der Lehre sowie eine Fokussierung auf Funktionalität und damit auf die Nutzer_innen, prägten und prägen den modernen Designbegriff bis heute. Auch wenn Design Thinking nicht mit der deutschen Bedeutung des Begriffs Design gleichzusetzen ist, übernimmt es diese Eckpfeiler als Basis für eine neue Denk- und Arbeitspraxis.
Von der Design-Praxis in die Unternehmenswelt Viele Methoden, die im Design Thinking als zentrale Elemente integriert wurden (darunter Brainstorming oder Prototyping) haben eine lange Geschichte. Auf den Werbefachmann Alex F. Osborn geht beispielsweise nicht nur das Ende der 1940er Jahre entwickelte Brainstorming zurück, sondern auch viele der Design Thinking-Leitsätze. Design Thinking, so wie wir es heute kennen, findet seinen Ursprung in der Produktdesignagentur
IDEO. Mit der Gründung des
Hasso Plattner Institutes for Design (d.school) an der Stanford University, finanziell unterstützt durch den SAP-Mitgründer Hasso Plattner, und der dort entwickelten Formate, fand der ursprünglich designbasierte Arbeitsansatz seinen Weg in Tech-Start-ups, Banken und die Büros klassischer deutscher Maschinenbauer_innen. In 2007 startet das Projekt
HPI School of Design Thinking (HPI D-School) mit 40 Studierenden aus 30 verschiedenen Fakultäten in Potsdam.
Die Entwicklung der vergangen Jahre ist nicht ohne parallele Konzepte zu verstehen, die sich im Umfeld von
Agile, Scrum, Lean Startup und Co. entwickelt haben. Ebenfalls aus Stanford stammen beispielsweise die auf Robert McKim zurückgehenden Kreativitäts-Methoden Visual Thinking und Storytelling. All diese Konzepte beeinflussten sich gegenseitig, beschleunigt durch den Megatrend Digitalisierung und die wachsende Start-up-Kultur weltweit. Die vielfältigen Ursprünge sind ein entscheidender Erfolgsfaktor von Design Thinking. Bereits in der Entstehungsgeschichte und den verschiedenen Perspektiven, auf denen sie fußt, zeigt sich der multidisziplinäre Ansatz der Methode. Dies ist einer der Gründe, warum nicht nur Designer_innen ihre eigene Arbeitsweise im Design Thinking wiedererkennen. In die DNA des Prozesses eingebaut ist der charakteristische Wechsel aus divergenten und konvergenten, kreativ-intuitiven und sachlich-analytischen Denkmodi. Jede_r kann zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Prozess die eigenen Stärken einbringen und sich in persönlich herausfordernden Momenten von anderen Teammitgliedern unterstützen lassen. Ihre hohe Anschlussfähigkeit erklärt den breiten Erfolg der Methode in den vergangenen Jahren. Im Design Thinking geht es nicht nur um die wirtschaftliche Notwendigkeit von Produkt- oder Serviceinnovationen, sondern langfristig um einen Paradigmenwechsel. Die Methode beantwortet die Frage, wie wir zusammenarbeiten wollen – holistisch multidisziplinär, wertschätzend auf Augenhöhe und mit den Bedürfnissen des_der Nutzer_in im Fokus.
Design Thinking – mehr als nur eine MethodeDesign Thinking dient der Bearbeitung offener Problemstellungen in Teams ganz unterschiedlicher Organisationsformen und Arbeitskontexte. Beispiele für solche Problemstellungen sind:
Wie können wir unsere Produktpalette erweitern? Gibt es einen schnelleren, digitalen Zugang zu unseren Dienstleistungen? Können wir neue datenbasierte Geschäftsmodelle mit unseren bestehenden Datensätzen aufbauen?
Obwohl viele Teilnehmer_innen ihren ersten Design Thinking-Workshop primär mit dem Wunsch starten, neue Produkte, Dienstleistungen und Strategien zu entwickeln, arbeiten sie auf ein weitaus vielschichtigeres Ergebnis hin. Design Thinking führt zu einem besseren Verständnis der Bedürfnisse der eigenen Nutzer_innen und entfacht eine neue Dynamik im Team. Mit diesem gemeinsamen Teamfokus und dem damit einhergehenden Verantwortungsgefühl für das gemeinsame Ziel werden innovative und erfolgreiche Produktideen, Dienstleistungen und Strategien entwickelt, welche die Bedürfnisse der Kund_innen befriedigen.
Verständnis als Basis Es ist gut zu wissen, wo Design Thinking herkommt, um den Kontext und die Tragweite des Design Thinking-Ansatzes zu verstehen und den Teilnehmer_innen des eigenen Workshops einen guten Einblick geben zu können. Teilnehmende müssen die Methode dabei nicht komplett verinnerlicht haben, um auf großartige Ideen zu kommen. Sinnvoll ist es jedoch, vor dem Beginn des Workshops einen Rundumblick über das große Ganze zu ermöglichen, damit sich die Methode aus der Perspektive der Teilnehmenden nicht im luftleeren Raum befindet. Hat man die Basics vermittelt, ist das Spielfeld vorbereitet. Von diesem Zeitpunkt an zählen Einsatz und Organisation der Coaches und deren Teams. Wie sich der Prozess entwickelt, liegt in den Händen der Menschen auf diesem Spielfeld. Design Thinking lebt davon, dass Menschen es sich zu eigen machen, es den eigenen Bedürfnissen entsprechend anpassen, Methoden weiterentwickeln und mit der weltweiten Community im Austausch bleiben.